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Facebook-IPO: It’s about money, stupid!

Börsengang FacbookNach dem Platzen der Dotcom-Blase vor gut einem Jahrzehnt steht heute das nächste Mega-Event der Ökonomisierung der Informationsgesellschaft an: Der Börsengang von Facebook, in Wirtschaftssprech gemeinhin als IPO (Initial Public Offer) abgekürzt. Bereits bevor die Aktien tatsächlich gehandelt werden, hat sich erwartungsgemäß ein medialer Rummel entwickelt, der zum einen die Superlative und Verheißungen des IPO herausstellt – der aber gleichzeitig erkennen lässt, dass es eine gar nicht so kleine Zahl an Skeptikern gibt, die durchaus der Meinung sind, dass der Börsengang von Facebook nicht automatisch ein Erfolg sein muss, erst recht kein langfristiger. Wir haben einige Beiträge der letzten Woche und vom heutigen Tage des Börsenstarts zusammengetragen.

Das Handelsblatt macht heute online mit mehreren Artikeln zum Thema auf und fragt: “Gefällt mir! Aber wie lange?” (Dazu gibt es noch ein dezidiertes Pro und ein geradezu warnendes Contra; darüber hinaus wurden Handelsblatt online-Leser aufgefordert, bei einem “Crowdguessing” mitzumachen). Denn nun gilt der Schwur und die Wette auf den Börsenparketts: Facebook wird nicht mehr nur als vermeintlich schwer fassbares Phänomen gehandelt, das gewissermaßen zufällig auch erhebliche Umsätze erzielt – nein, es wird ab heute in seinem Tun und seinem Erfolg nach harten Kriterien beurteilt und über Wohl und Wehe entscheidet der Shareholder Value. Und nicht mehr nur die Ideen des Gründers. Analysten werden jetzt mitreden und wirtschaftliche Entscheidungen in Bezug auf Facebook beeinflussen. Und bei den ersten Analysen, die jüngst vermehrt vorgenommen wurden, wurde vor allem eine Schwäche im Bereich der mobilen Facebook-Nutzung deutlich. Vor dem Hintergrund, dass die Internetnutzung generell immer mehr von mobilen Endgeräten erfolgt, eine zentrale Frage. Dass Zuckerberg trotz seiner Strahlkraft und dem nicht weg zu diskutierenden Erfolg seiner Plattform (insbesondere als “Game changer” der Online-Kommunikation insgesamt) als Wirtschaftskapitän auf der Brücke eines börsennotierten Konzerns eher noch frisch ist, wird sich vielen als Eindruck angesichts einer seiner Aussagen im Börsenprospekt audrängen: “Wir entwickeln keine Dienste, um Geld zu machen. Wir verdienen Geld, um bessere Dienste zu entwickeln.”

Bereits letzte Woche nahm man sich bei pr-blogger.de der seismographisch relevanten Vorbeben zum Facebook-IPO an und stellte die Meldungen zusammen, die deutlich machen, dass man bei Zuckerbergs & Co. kräftig und erkennbar an der Professionalisierung der Plattform arbeitet – und Anlegern klar machen möchte, dass das Produkt Facebook eine erkennbare Strategie verfolgt. Dazu gehören auch solche Produkte wie zum Beispiel eine kommende App, mit der das mobile Verwalten von Facebook Pages möglich wird – TNW zeigte in einer Vorschau, was Seiten-Administratoren nun auch endlich von unterwegs in Sachen Steuerung, Monitoring und Verwaltung von unterwegs machen können. Im Zuge der weiteren Professionalisierung von Facebook wünscht man sich überhaupt, dass mehr Backend-Anwendungen zur Vewrwaltung von Likes, Abonnenten usw. angeboten werden – wer schon einmal eine Fake-Like-Attacke auf seiner Seite erleiden und händisch hunderte gefakter Likes löschen und blocken musste, wird in diesen Kanon schnell einstimmen.

Im wirtschaftlichen Erwachsenwerden durch den Börsengang Facebooks liegt die bis jetzt größte Gefahr für Zuckerbergs Über-Netzwerk.

Die Features, die Facebook zur weiteren Kommerzialisierung der Plattform in den Markt bringt – und die noch nicht einmal der Wunschlage der Nutzer entsprechen müssen – werden zunehmend kritisch hinterfragt. Zum einen, weil sie das grundlegende Konzept von Facebook (ich sehe Mitteilungen meiner Kontakte) zunehmend zugunsten neuer Einnahmequellen kannibalisieren und weil diese Features in der Vielzahl eine gewisse “Algorithmisierung von Inhalten” zur Folge haben, weil ansonsten der Nutzer überfordert werden könnte. Für Seitenbetreiber heißt das aber (und das schon seit längerer Zeit): Die Gewissheit, dass meine Inhalte an meine digitale Gefolgschaft ausgeliefert werden, nimmt ab oder ist künftig nur noch durch einen zunehmenden Kostenaufwand möglich. So viel zum Thema “Die Plattform wird kostenlos bleiben” – das ist ein Mythos, der nicht mehr stimmt (das kennen wir vom Privatfernsehen: Angeblich umsonst, da keine GEZ hierfür zu zahlen ist – letztlich aber durch die (Werbe-)Wirtschaftskreisläufe von jedem Zuschauer mitfinanziert).

Dass trotz aller kritischen Reflexion der Börsengang von Facebook ein Mega-Wirtschafts-Event ist, steht außer Frage und wird auch von den relevanten Berichterstattern im Netz nicht verneint. netzwertig.com hat im Beitrag zum Börsengang auch noch einmal alle eigenen Beiträge zum Aufstieg von Facebook zum Big Player aufgeführt, so dass man diese Story nacharbeiten kann – und überschreibt den Beitrag treffend mit “Das größte Ereignis der Internetwirtschaft”. Und bei Spiegel Online macht im Facebook-IPO-Artikel eine Tabelle deutlich, dass der Börsengang sich in eine illustre Liste einreiht, auf der sich bislang vor allem Konzerne außerhalb der Internetwirtschaft versammeln. Thomas Knüwer ist der klaren Meinung, dass der Facebook-Börsengang ein Gegenbeweis für eine neue Dotcom-Blase ist – und dennoch ein risikobehaftetes Unterfangen, aber wie ben jeder Börsengang ein gewisses Risiko in sich trägt.

Unter dem Strich ergibt sich aber ein Bild bei all diesen Betrachtungen des Facebook-IPO, dass nicht von einem automatischen, langfristigen Erfolg der Plattform ausgeht. Im Gegenteil – im wirtschaftlichen Erwachsenwerden durch den Börsengang Facebooks liegt die bis jetzt größte Gefahr für Zuckerbergs Über-Netzwerk. Und genau das meinten wir mit unserer These 7 (#t10_7_stakeholder).

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Zehn Thesen – warum?

Nichts hat die Online-Kommunikation so nachhaltig verändert wie die zahlreichen Social Media-Angebote und -Instrumente, die in den vergangenen Jahren große Nutzerkreise erreicht haben und Individual- wie Unternehmenskommunikation nachhaltig verändert haben. In Replik auf ein Thesenpapier des BVDW möchte dieser Blog sich mit der Zukunft von Social Media befassen und ein eigenes Bild der Zukunft des Social Web entstehen lassen - spread the word, join the conversation!